Wie Amazons disruptives Geschäftsmodell Ihre Marke ruinieren kann

Wie das weltgrößte E-Commerce Unternehmen sich Marken und Produkte zu Nutzen macht und von diesen maximal profitiert (und wie Sie vermeiden, dass Ihre Marke daran zugrunde geht).

Amazon ist nicht nur das weltgrößte E-Commerce Unternehmen, sondern inzwischen auch die globale Nummer Vier aller Handelsunternehmen[1]. Im Vergleich zum Vorjahr ist Amazon 2018 um 25,3 Prozent gewachsen und hat sich damit vom sechsten auf den vierten Platz verbessert. Vor dem Hintergrund, dass der gesamte Einzelhandelsumsatz lediglich um 0,9 Prozentpunkte gestiegen ist, bekommt die Marktmacht dieses Unternehmens eine besondere Bedeutung.

Amazon ist dabei der Innovationstreiber, welcher die Art und Weise, wie Menschen Produkte kaufen und Marken erleben, vollkommen verändert hat.

Als Folge werden immer mehr traditionelle Vertriebs- und Marketingkanäle in die Bedeutungslosigkeit gedrängt.

Durch diese disruptive Zerstörung von bestehenden Händler-Kunden-Beziehungen und der Etablierung völlig neuer Geschäftsmodelle ist es kaum mehr möglich, dieses Unternehmen im B2C Geschäft zu ignorieren. Selbst ehemals völlig abwegige Produkte und Dienstleistungen werden inzwischen angeboten und jede noch so kleine Nische besetzt. Die Kundenbindungsinstrumente wirken nachhaltig und ziehen die Aufmerksamkeit der Konsumenten inzwischen auch von Angeboten ab, die ehemals nicht zum Amazon Angebot gehörten, wie etwa Geräteversicherungen, E-Learning, Fußball-Bundesliga, Baumarkt, Bio-Lebensmittel, usw…um nur einige zu nennen.

Für den Handel ist Amazon der Maßstab für Disruptive Geschäftsmodelle, ebenso wie Tesla für die PKW-Branche, airbnb für Hotels, netflix für Videotheken oder uber für Taxi-Unternehmen.
Disruptive Unternehmen ändern mit Ihren Geschäftsmodellen die Welt in der wir leben nachhaltig und treiben ganze Marktsegmente mit Ihren Innovationen vor sich her oder zerstören diese. Disruptive Geschäftsmodelle sind nicht neu – je nach Betrachtungsweise finden sich auch ALDI, McDonalds oder Ford auf der Liste der disruptivsten Unternehmen.

Was bedeutet dies für Ihre Marke?

Angenommen Sie haben ein Produkt, welches sehr vielversprechendes Marktpotenzial hat. Das Produkt verkaufen Sie an Endkunden über Vertriebspartner und Einzelhändler. Hierzu haben Sie gute Kontakte zu Einkaufsverbänden. Außerdem haben Sie eine seit Jahren eingeführte Marke, welche über hinreichend gute Reputation innerhalb Ihrer Kundschaft verfügt. Idealerweise profitieren nun das neue Produkt und die Marke gegenseitig voneinander. Natürlich sind sie neben traditionellen Vertriebswegen auch digitalen Kanälen gegenüber aufgeschlossen. So haben Sie eine OMNI-Channel Strategie entwickelt, welche alle Vertriebskanäle entsprechend berücksichtigt und gewichtet.

Auf Amazon verkaufen oder nicht?

Jetzt stellt sich für Sie die Gretchenfrage – sollen Sie Ihr Produkt auf Amazon verkaufen oder nicht? Dafür spricht die Bequemlichkeit, mit der Sie sehr schnell eine große Reichweite aufbauen können. Dazu haben Sie die Möglichkeit, über die Amazon Werbedienste (Amazon Marketing Services) eigene Werbung gezielt zu schalten und sogar bei Mitbewerbern Kunden abzufischen. Die Kosten sind transparent und die Kampagnen sind, sofern sie gut aufgesetzt sind, sehr effizient. Haben Sie einigermaßen verstanden, wie die verschiedenen Amazon-Mechanismen ineinandergreifen, ein Gespür dafür entwickelt, wie ihr Produkt vom  Such-Algorithmus profitiert und tief in die Werkzeugkiste für eine optimale Produktpräsentation gegriffen, haben Sie mit Amazon die Möglichkeit, innerhalb kürzester Zeit eine enorme Marktdurchdringung zu erzielen.

Der schnelle Erfolg ist mit einigen Risiken verbunden.

Eine große Online-Reichweite bedeutet automatisch auch die Verfügbarkeit von Produktinformationen und deren Kontrollverlust. Sie wissen nicht, wo überall die Angebote auftauchen, sondern liefern nur Waren für Verkäufe über die Plattform. Sollten Sie also Regionen haben, in denen Sie nicht online gegen Ihre Partner und Händler konkurrieren möchten, haben Sie keine Möglichkeit, dies zu verhindern. Amazon lebt von Reichweite und Wachstum, das bedeutet aber auch, dass Ihre Angebote vielleicht auch gerade dann auftauchen, wenn Sie es nicht brauchen können – beispielsweise bei Preisverhandlungen mit stationären Anbietern.
Sie wollten nie groß in Social Media investieren? Jetzt ist es egal, denn Kunden bewerten plötzlich Ihre Produkte, oder stellen Fragen zu Ihrem Produkt. Wenn Sie die Deutungshoheit Ihrer Marke nicht Dritten überlassen wollen, müssen Sie ab jetzt zeitnah und transparent reagieren. Wenn Sie das erste mal Blut geleckt haben, weil Sie innerhalb weniger Stunde große Stückzahlen in einem Blitzangebot verkauft haben, fängt die Amazon Spirale an, sich langsam und unaufhaltsam zu drehen. Wenn Sie diese Büchse der Pandora einmal geöffnet haben, ist ein Schließen nahezu unmöglich.

Doch während Sie noch überlegen, ob Sie dieses Abenteuer wagen sollten, hat Ihnen bereits jemand anderes die Entscheidung abgenommen. Denn nahezu jedes Produkt taucht früher oder später irgendwo im Internet auf – Google, Idealo und Co sei Dank. Weil Sie ein EU-konformes Produkt in den Verkehr bringen, hat Ihr Produkt, sobald es verkaufsfertig ist, einen EAN-Code. Auch eine Artikelnummer haben Sie vergeben, damit spätere Produktvariationen keine Probleme bereiten. Auch wenn Sie sich mit Ihren Händlern darauf einigen, dass Ihre Produkte auf bestimmten Kanälen nicht angeboten werden dürfen, erscheinen Sie trotzdem irgendwann bei eBay oder Amazon

Wie reagieren, wenn das eigene Produkt plötzlich unerwartet auf Amazon erscheint?

Zunächst finden sich vereinzelt Angebote von Endkunden auf eBay, wo Ihr Produkt als gut erhalten oder neuwertig verkauft wird. Die angebotenen Preise sind niedrig aber tolerierbar, da es sich offensichtlich um gebrauchte Produkte handelt. Läuft das Produkt gut, gesellen sich irgendwann Händler dazu, die Ihr Produkt als B-Ware oft aus dubiosen Kanälen beziehen, dieses aber als Neu anbieten.  Auch einige Ihrer Kunden verkaufen spätestens zu diesem Zeitpunkt Ihr Produkt auf eBay. Da diese sich an den empfohlenen Verkaufspreisen orientieren, stört Sie das nicht sehr. Es ist ja schließlich kostenlose Marktreichweitengenerierung.  Irgendwann haben Sie dann einen Händler, der noch 5+x von Ihren Produkten auf Lager hat und diese Lagerbestände gerne reduzieren möchte. Also reduziert er den VK-Preis dratsich und dies setzt nun eine fatale Kettenreaktion in Gang. Verkauft sich das Produkt besser, steigt die Nachfrage (der Traffic auf der Produktseite) und das Produkt wird in Folge verschiedener Algorithmen deutlich besser gewichtet. Dadurch steigt die Sichtbarkeit auf der Plattform kurzfristig, weshalb auch die allgemeine Relevanz im Internet üblicherweise steigt. Denn der Händler hat den Preis natürlich bei sich im System reduziert. Das bedeutet, bei sich im Shop kostet es nun ebenfalls -25% im Sale. Weil der Händler seinen Job „gut gemacht“ hat, hat er seinen Shop mit Google Shopping, idealo und anderen Seiten verlinkt. Dafür entrichtet der Händler zwar eine Gebühr, die er aber gerne bereit zu zahlen ist, denn es dient der Abverkauf (Conversion) und bringt seinen Shop nach vorne (Awareness) . Spätestens jetzt fängt die Sandbox bei diversen Onlineportalen an zu ticken, denn viele Seiten bieten einen Preisverlauf (Preishistorie) an, den Sie nicht mehr aus dem Internet entfernen können.

Spätestens ab diesem Zeitpunkt ist dem preissensitiven Online-Kunden bewusst, dass das Produkt 25% „weniger wert“ ist.

Weil es sich online ganz gut verkaufen lässt, bietet es nun der erste Ihrer Händler auf Amazon an. Da Ihr Produkt einen EAN-Code besitzt, ist ab sofort diese EAN ebenfalls mit einer ASIN (Amazon Standard Identifcation Number) verknüpft. Jeder Händler, der auch dieses Produkt hat, könnte es nun auf dieser Seite zum Verkauf anbieten.

Sie werden nervös und spontan fallen Ihnen zwei Reaktionen ein:

  1. Entweder Sie reden auf Ihren Händler ein, bis er den Artikel von Amazon nimmt – oder
  2. Sie bieten selber Ihr Produkt auf Amazon an. Der Artikel ist ja nun eh schon bei Amazon gelistet.

Und hier beginnt das eigentliche Problem.

Vorausgesetzt, die Produktbeschreibung entspricht Ihren Herstellervorgaben, es wurden keine Markenrechte verletzt und auch das verwendete Bildmaterial ist ebenso wie die Beschreibung in Ordnung, bleibt diese Seite bei Amazon auffindbar – unabhängig davon ob das Produkt lieferbar ist oder nicht. Und während Sie noch zwischen Reaktion 1 oder 2 abwägen, bieten bereits weitere Händler unter dieser ASIN Ihr Produkt an. Jetzt dauert es nicht mehr lange und die ersten Warehouse Deals kommen ins Spiel. Hier verkaufen Händler gebrauchte oder B-Ware, aber auch Amazon selbst verkauft hier Retourenware oder Ware, die im Lager beschädigt wurde. Dem Kunden ist das oft nicht so ganz klar, woher die Ware stammt und der ist dann oftmals enttäuscht über die mangelhafte Qualität der bestellten Ware. Die Folge sind eine Reihe negativer Bewertungen, die Sie sich nicht erklären können.

Üblicherweise bieten Sie nun selbst Ihr Produkt auf Amazon an und versuchen sich als Markenhersteller zu positionieren.

Vielleicht gelingt es Ihnen auch, die Seite bei Amazon als Markeninhaber für sich zu reklamieren, um z.B. eine hübsche A+ Beschreibung zu installieren – mit tollen Bildern, Tabellen und Medien. Da Sie schon mal dabei sind, können Sie ja auch am nächsten Osternest Special (oder irgendeinem anderen Anlass für Sale Aktionen) einen kleinen Deal laufen lassen. Sie geben einen kleinen Rabatt und probieren ein paar Gutscheine aus. Da das Ganze im Rahmen einer größeren Aktion beworben wird, erhält Ihr Produkt plötzlich eine enorme Aufmerksamkeit und steigt in den Top-Seller Rankings nach oben. Nie zuvor haben Sie so viele Artikel innerhalb eines so kurzem Zeitraums verkauft – für die gleiche Menge, benötigen Sie sonst Tage oder sogar Wochen.

Der nächste Schritt, um den Absatz noch mehr anzukurbeln liegt nahe: Versand durch Amazon und die Teilnahme an prime.

Sie verlagern nun Teile Ihres Inventars an Amazon Warenlager und zahlen dafür eine überschaubare Gebühr für Lagerhaltung und Fulfillment. Die Lagerung bei Amazon ist Voraussetzung für prime und wird nach verbrauchtem Raum berechnet. Dazu kommen ggfs. noch Zuschläge für Ware, die sich nicht so schnell dreht. Wenn dies bei Ihren Artikeln droht, werden Sie diese eventuell wieder an sich zurücksenden lassen müssen, wodurch zusätzliche Kosten entstehen. Zudem leidet die Optik vieler Produkte erheblich, weil durch das Ein- und Auspacken, Lagern und durch Staub, die Verpackung immer schneller unschön wird. Ebenfalls ist es durchaus schon passiert, dass zurückgeschickte Ware (irrtümlicherweise) wieder als Neuware re-inventarisiert wurde, obwohl es sich offensichtlich um gebrauchte Ware handelt. Solange Sie noch Händler sind, haben Sie eine gewisse Kontrolle, die Ihnen aber mit zunehmender Quantität Ihrer Bestellungen entgleiten wird.

Dann stellt man Ihnen die entscheidende Frage: Möchten Sie Amazon Vendor werden?

Läuft Ihr Produkt gut auf Amazon oder anderen Online-Kanälen, wird man Sie vielleicht fragen, ob Sie nicht Amazon Vendor werden möchten. Als Vendor werden Sie Lieferant von Amazon und beliefern deren Warenhäuser. Es gibt verschiedene Modelle der Abrechnung und Zahlungsmodalitäten. Da Sie inzwischen auch die Warenhäuser in Nachbarländern wie Polen oder Tschechien beliefern müssen, funktioniert eigentlich nur die Lösung, dass Sie an Amazon liefern und ab Lieferung die Ware berechnen dürfen (ansonsten bekommen Sie Probleme mit der Umsatzsteuer, weil Ware innerhalb der EU verlagert wurde, Sie aber der Eigentümer geblieben sind). Das klingt erst einmal gut, bedeutet aber nicht, dass es sich um einen garantierten Verkauf handelt. Amazon behält sich üblicherweise das recht vor, bis zu 100% der Ware, z.B. wegen Überbeständen, zu retournieren. Diese Retouren werden von der nächsten Rechnung abgezogen – ebenso wie die sonstigen Kosten.

Behalten Sie also immer im Hinterkopf, dass ein Amazon Sale erst dann erfolgt ist, wenn auch Amazon den Artikel als verschickt markiert.

Läuft die Sache gut, haben Sie schnell riesige Werte im Amazon Lager, was einen entsprechenden Effekt auf Ihren Cash-Flow hat. Denn selbst wenn Sie unmittelbar nach Lieferung eine Rechnung erstellt haben, behält sich Amazon üblicherweise eine längere Frist für die Zahlung vor. Diese kann bis zu drei Monate (und länger) dauern. Es geht auch schneller, kostet dann aber entsprechend mehr Geld, beispielsweise in Form von „early payment deduction“. Hinzu kommen die allgemeinen Amazon Gebühren, zu denen auch COOP zählt – hier werden Ihnen nicht unbeträchtliche Summen von Ihrer Rechnung für das Amazon Marketing abgezogen. Früher machte das durchaus Sinn, weil ein Teil des Geldes auch den Affiliates zugute kam, die ordentlich Traffic auf Ihre Produktseite gebracht haben. Diese Zahlungen wurden aber in den letzten Jahren zunehmend eingestellt oder reduziert. Wenn Sie die Ware nicht von Amazon abholen lassen, dann müssen Sie auch die Kosten für die Lieferung an die verschiedenen Warenlager (Fulfillmentcenter) kalkulieren. Sie erhalten üblicherweise ein 30 minütiges Lieferfenster – kommt Ihr Fahrer zu spät oder herrscht mal wieder Stau an der Warenannahme, zahlen Sie zusätzlich eine empfindliche Strafgebühr. Es gibt verschiedene Arten von Strafzahlungen (Chargebacks), die Ihnen Amazon in Rechnung stellen kann – sei es für fehlerhafte Versandvorbereitung, Fehler beim Transport, falsche Beladung der Paletten, Vereinnahmungsprobleme,…um nur einige zu nennen. Widersprüche gestalten sich zäh und die Bearbeitung kann bis zu 60 Tage dauern. Insbesondere wenn man neu als Vendor gestartet ist, liegt hier ein großes Frustpotential.

Ein Beispiel:
Wie man möglichst viele Fehler macht

Sie liefern als Vendor 500 Artikel von Produkt A im Wert von 10.000 Euro an Amazon.  Produkt A kostet Sie 10,-€ und Sie verkaufen dieses für 20,-€ – die UVP ist 39,90€. Sie haben Amazon einen Rabatt über 20% eingeräumt, damit Sie an einer Aktion teilnehmen können. Diese Aktion läuft drei Stunden und Sie verkaufen 100% der vorgesehen Summe (250 Stück) bereits nach einer Stunde. Ihr Vendor Manager ruft Sie an und fragt, ob Sie noch Artikel zur Aktion hinzufügen möchten, weil Sie so gut läuft. Sie geben Ihm alles was Sie noch auf Lager haben und erhalten sofort eine neue Bestellung über weitere 1000 Stück.

Es läuft richtig gut für Sie – allerdings haben Sie nun Waren im Wert 30.000,- Euro an Amazon geliefert und müssen die bereits gelieferten Produkte nachproduzieren.  Sie erhöhen Ihren Warenbedarf und produzieren noch mehr, um nicht in Lieferengpässe zu geraten.
Wenn Sie keine Probleme mit dem Cash-Flow haben ist das gut für Sie, aber viele Unternehmen geraten in solchen Situationen schnell in Liquiditätsengpässe.

Sie bekommen von Ihrer Rechnung rund 16% und mehr standardmäßig abgezogen – hinzu kommen noch die 20% Discount für die Aktion, die nun rückwirkend auf die gesamten 500 Stück angewendet werden. Zudem haben Sie noch die Kosten für die Lieferung an Amazon abzuziehen. Von den 10.000 Euro bleiben Ihnen somit nur rund 6.000 Euro übrig – und das bei Kosten von 4.000 Euro. Leider haben andere Händler bzw. Plattformen den Preis inzwischen ebenfalls gesenkt und Amazons Algorithmus versucht diesen anzupassen.

Da Sie als Vendor die Möglichkeit der Preisbestimmung an Amazon abgetreten haben, müssen Sie notgedrungen mit ansehen, wie der Marktpreis Ihrer Produkte in den Keller geht und Ihnen Ihre Retail-Kunden die Hölle heiß machen.

Die Bestellungen Ihrer Partner gehen zurück und nur einige wenige Händler versuchen den Preis mitzugehen. Die meisten halten vermutlich still und ordern nicht mehr nach. Die anfängliche Euphorie ist verflogen und nachdem Sie zwei bis drei Jahre so weitergemacht und regelmäßig die Wogen geglättet haben, fragt Sie Amazon inzwischen nach deutlich über 30% Rabatt für Aktionen – weil die Marge sonst nicht mehr stimmt. Sie überlegen jetzt, wie weit Sie gehen können, um das Quartal oder Geschäftsjahr noch zu retten. Ihre schöne Marke ist inzwischen beschädigt, weil sich überall im Internet B-Ware zu Schleuderpreisen findet. Die schlechten Bewertungen nehmen zu und das Ranking sinkt ebenso wie die Verkaufszahlen.

Dann poppt plötzlich im Vendor Central (das ist das Backoffice für Ihr Amazon Geschäft) die Nachricht über 300 Retouren auf.

Von den 300 von Amazon zurückgesendeten Überbeständen, ist rund ein Viertel nicht mehr verkäuflich – viele sind sogar defekt und können komplett abgeschrieben werden. Ihnen wird trotzdem der volle Betrag abgezogen und Sie verbringen zermürbende Monate mit dutzenden von Tickets, um den Schaden ersetzt zu bekommen.
Sie können auch dieses Szenario noch einige Jahre so weiterbetreiben, bis irgendwann zu viele nachgemachte Produkte auftauchen oder Amazon selbst ein sehr ähnliches Produkt als „Amazon Original“  anbietet. Beides führt im schlimmsten Fall dazu, dass Ihr Geschäftsmodell extrem bedroht ist, weil zu viel Umsatz mit nur einer Plattform gemacht wurde. Es kann auch ganz anders laufen, aber so oder so ähnlich passiert es regelmäßig und meine Gespräche mit verschiedenen Unternehmen aus unterschiedlichen Branchen zeigen leider, dass es sehr oft ganz ähnlich abläuft.

Wie können Sie solch ein Szenario vermeiden und trotzdem auf Amazon erfolgreich verkaufen?

  • Bleiben Sie in möglichst vielen unterschiedlichen Kanälen aktiv.
  • Verteilen Sie unterschiedliche Topseller auf verschiedene Plattformen.
  • Behalten Sie exklusive Marken für exklusive Kanäle vor und bieten Sie gleichzeitig eine Volumenmarke für Amazon und Co an.
  • Arbeiten Sie eng mit Amazon zusammen und versuchen Sie Markenrechtsverstöße sofort zu ahnden.
  • Machen Sie nicht jeden Deal mit, sondern investieren Sie lieber in direkt Werbung auf AMS. Hier haben Sie Aktionen in Ihrer Hand.
  • Bleiben Sie Seller – Solange Sie die Preisgestaltung nicht aus der Hand geben, behalten Sie die Kontrolle. Zudem erhalten Sie Kundendaten und können diese mit freundlichen Remindern an Bewertungen erinnern oder auf Gutscheine aufmerksam machen. Als Vendor geben Sie jegliche Kontrolle aus der Hand – das ist bequem aber mit vielen Risiken behaftet.
  • Investieren Sie in Social Media Kommunikation und behalten Sie die Kontrolle über Ihre Marke und die Option auf Incidents zu reagieren.
  • Investieren Sie in besten Kundenservice, da zufriedene Kunden Ihnen auch eine entsprechend gute Bewertung hinterlassen und zu Markenbotschafter werden.

Takeaway: Amazon bietet enorme Chancen, um ein Produkt oder eine Marke schnell zu etablieren und mit überschaubarem Aufwand eine hohe Reichweite zu erzielen. Es ist aber mit vielen Risiken für Marke und Produkt verbunden, welche man vor jedem Schritt genau analysieren und abwägen sollte.

Gerne berate ich auch Ihr Unternehmen, analysiere die Risiken und entwickle Handlungsstrategien für den erfolgreichen Verkauf auf Amazon & Co.



[1] Deloitte Global Powers of Retailing 2019